Langfristig longieren - Teil 2 von 2

Mehr Tipps für Deine Reitpause

3. Mikado für Körperwahrnehmung und Koordination

Und was ist mit unterschiedlich hoch und unterschiedlich weit gelegten Stangen? Dabei wird enorm die Propriozeption (die Wahrnehmung des eigenen Körpers im Raum) und somit die Koordinationsfähigkeit Deines Pferdes geschult. Das "Mikado"-Spiel ist eine tolle Übung für die Balance und nicht zuletzt für die Aufmerksamkeit und Motivation. Gleichzeitig muss Dein Pferd die Beine heben – tut also etwas für die Gelenkmobilisation der Hinterhand (Hankenbeugung!) und für seine Bauchmuskulatur. Das müsst Ihr aber definitiv im Schritt machen, alles andere wäre zu gefährlich.

Schon mal darüber nachgedacht, in unwegsamem Gelände auf umgekippte Baumstämme zu stoßen? Dein Pferd kann das – muss es aber natürlich üben, um sicher zu treten. Eine hervorragende Übung, um neuronale Verknüpfungen zu (re-)aktivieren!

Ich nenne es "Mikado"; und auch wenn ich dabei nicht die Stangen einfach wild auf den Boden "werfe" und schaue, was passiert (wär mir auch zu schwer.. ;) ), kann ich dennoch alles etwas unwegsam belassen.

Ziel: Propriozeption, Balance, Koordination, Gelenkmobilisation, Bauchmuskeln, Konzentration

Literaturtipps dazu: Kleine Einblicke, in das, was daran "Ergotherapie" für's Pferd ist, bietet Karolina bei  360gradPferd. Und ganz viel Stoff gibt es natürlich bei "PFERGO" von Dr. Ruth Katzenberger-Schmelcher und Yvonne Katzenberger.

Linda Tellington-Jones hat in ihrem Bodenarbeits-Repertoire übrigens auch Einiges dazu und arbeitet z.B. mit dem "Stern" aus Stangen (ich war immer besonders inspiriert durch "Die Linda-Tellington-Jones-Reitschule", aber im "Telllington Training für Pferde" findet sich dazu noch mehr)

4. Aktives Spazierengehen / Bodenarbeit im Gelände

Das hier verstärkt die Trainingsziele in Punkt 3 und bringt zusätzlich Abwechslung. Je nachdem, ob Du ebenes Gelände oder eine Hügellandschaft um den Stall hast, kannst Du hier unterschiedliche Schwerpunkte setzen:
Wo es etwas flacher ist, kann auch wunderbar auf Ebenen longiert werden. Dennoch läuft Dein Pferd hier auf unterschiedlichen Untergründen, und die Lauf-Motivation ist vermutlich bei den meisten Pferden höher als in der Reithalle.

An Hängen kannst Du Dein Pferd rückwärts-abwärts und rückwärts-aufwärts klettern lassen. Ist es nicht ganz so steil, kannst Du vom Boden aus auch (vorsichtig, langsam!) Seitengänge einbauen. Dies kombiniert Muskelaufbau, Koordination und Propriozeption. Auch hier: Im individuellen Reha-Plan für Dein Pferd gebe ich Dir eine genaue Anleitung mit, welche Übungen wann angebracht sind. Denn beim rückwärts-aufwärts und auch bei Seitengängen am Hang können insbesondere Pferde mit Beckenproblemen auch schnell die "falsche" Muskulatur verwenden, wenn es nicht mit Bedacht ausgeführt wird.


Ziele: Propriozeption und Balance, Bauchmuskeln, Motivation und Konzentration

Literaturtipp dazu: Gillian Higgins, „Posture and Performance“ (insbes. Part 2 in dem Buch)

5. Equikinetic / Dualaktivierung

Hier überlasse ich anderen das Feld, um tiefer zu erläutern, was man damit alles machen kann. Denn damit habe ich mich bisher nicht so ausführlich befasst. Das Training mit den gelben und blauen Gassen ist aber nachweislich fördernd und bringt Euch ebenfalls Abwechslung (übrigens kann man die Gassen auch selbst basteln). Geitner-Trainerin Ronja Martin hat hier z.B. regelmäßig super Tipps auf Facebook für Euch. Vielleicht liest Du Dir aber auch selbst etwas aus dem Trainingskonzept von Michael Geitner an.

Ziele: Förderung von Konzentration, Koordination, Balance. Je nach Einsatz natürlich auch Muskelaufbau (z.B. in Kombi mit Intervalltraining)

Literaturtipp dazu: Geitner/Schmid, "Equikinetics - Pferde effektiv longieren"

So. Wenn Du jetzt all diese Möglichkeiten nutzt und sie dann noch mit Balance-Pads, Dehnübungen und Massage und "passiven" Spaziergängen als Entspannungstage kombinierst, schreckt eine Reitpause von einigen Wochen nicht mehr so ab, oder?

Dann traust Du Dich demnächst noch an die Freiarbeit und dann seid Ihr die Profis für abwechslungsreiches Training ohne Reiterin ;-)

P.S.: Durch all diese "andere" Arbeit werden Du und Dein Pferd Eure Kommunikation viel besser aufeinander abstimmen. Achte darauf, wie Du Dich bewegst und welche Signale Du (vielleicht unbewusst) gibst. Diese neu gewonnenen Erkenntnisse überträgst du dann - nach Ende Eurer Reitpause - auch die Schrittarbeit und nach und nach auf die anderen Gangarten in Eurem Training.

Du wirst insgesamt viel konkretere Hilfen geben können und Dein Pferd von unten genauso stärken und trainieren können wie von oben. Ihr könnt so die Rumpftragemuskulatur schonend aufbauen und der Schiefe entgegenarbeiten. Dein Pferd wird nach der Reitpause entspannt und balancierter gleichmäßig vorwärts gehen können. Erst dann nehmt ihr die Arbeit vom Pferderücken aus wieder auf.

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